Tipps zur Apfelernte
Stand: Januar 2010

 
 
 

Apfelsaft leichtgemacht – Warum Streuobst ernten?

Einleitung

Zur Erhaltung von Streuobstwiesen gehört unbedingt auch die Ernte im Herbst. Erst durch die Sicherung der leckeren Früchte der alten Sorten wird der Wert der Streuobstwiesen so ganz
offenbar. Nicht alle Apfelsorten sind gut lagerfähig und über den Winter zu retten -  die frühen nicht, die späten schon. Es lassen sich jedoch Produkte aus allen Sorten gewinnen, von denen man jahrelang zehren kann. Eine höherwertige Biokost ist praktisch auf keinem Markt erhältlich als die Produkte von ungespritzten Äpfeln der eigenen Streuobstwiese mit selbstgewählter Bio-Diversität. Dazu gehört die Verarbeitung zu Saft oder Most. Folgende Schritte der Saftbereitung lassen sich identifizieren:

 

  Früchte sammeln
  Säubern
  Mahlen
  Pressen
  Haltbarmachen
  Reste-Verwertung

              
         
Früchte sammeln

Sind die Äpfel reif, werden sie vom Baum abgeworfen und brauchen nur noch vom Boden aufgesammelt zu werden. Hat man viele Bäume, wird dabei jede Hand gebraucht. Die eigenen Kinder und die von Verwandten und Freunden können dabei viel Spaß finden. Mit der Weiterverarbeitung sollte man nicht zu lange warten, Fallobst fault schnell.

Mit Sammelbeginn sollte die Gelegenheit ergriffen werden, die Apfelwiese gleichzeitig von faulen, zu früh gefallenen Äpfeln (Mumien) zu säubern. Am besten, man zieht mit zwei Eimern los: die guten in den weißen, die schlechten in den schwarzen. Diese Säuberung dient auch dazu, die Schäden durch den Apfelwickler zu begrenzen, den größten Schädling unserer Äpfel. Ist der Apfelwickler in die Frucht eingedrungen, so reagiert der Apfel mit Notreife und fällt vorzeitig. Vom Boden aus würde der Apfelwickler wieder seinen Weg in Richtung Baumstamm antreten. Daher ist es wichtig, ihn in der Frucht rechtzeitig mit zu beseitigen.

Beim Sammeln ist bereits eine Entscheidung zu treffen: Soll das Saftergebnis sortenrein sein, oder eine Sortenmischung. Nicht jede Sorte liefert allein einen runden vollmundigen Geschmack des Safts. Eine Sortenmischung kann da besser sein. Es gibt jedoch viele alte Apfelsorten, bei denen sich eine sortenreine Verarbeitung lohnt. Den größten Erfolg hatten wir bisher mit der sortenreinen Pressung von „Stina Lohmann“ (Apfel des Jahres 2009). Hervorragende Ergebnisse lieferten auch „Ruhm von Kirchwerder“ (Apfel des Jahres 2003), „Seestermüher Zitronenapfel“ (Apfel des Jahres 2008) oder  „Martini“ (Apfel des Jahres 2011).

Klar ist, dass die sortenreine Herstellung von Apfelsaft mit Beginn des Sammelns bereits aufwendiger ist als die Verarbeitung tagesaktueller Mischungen.

Säubern

Bei der Saftbereitung ist Sauberkeit oberstes Gebot. Bevor die Früchte in die Mühle wandern, müssen sie gründlich gewaschen werden. Hierzu ist jeder größere Behälter geeignet. Wir haben gute Erfahrungen gemacht mit ausrangierten Badezimmer-Wannen. (Mit Hilfe von deren Abfluss kann das Schmutzwasser aufgefangen und zur Gartenbewässerung weiterverwendet werden.)
 Die gewaschenen Äpfel werden mit Körben aus dem Wasser geschöpft und auf einen Arbeitstisch gestellt. Hier wird jeder Apfel auf Reife, Faulstellen oder Wurmstichigkeit untersucht. Kleine Faulstellen werden ausgeschnitten, der wurmstichige Apfel ist Abfall – ebenso der unreife, zu früh abgeworfene.

Mahlen

Die einwandfreien, gesäuberten Früchte finden sich in einem weiteren Sammelkorb mit z.B. 20 Liter Volumen. Ist der Korb gefüllt, kann die Mühle in Betrieb gehen. Die Mühle hat die Aufgabe, den festen Apfel in die Konsistenz von Apfelmus, die Maische, zu überführen, die dann pressbar ist.

Wir haben Erfahrungen mit folgenden Mühlentypen:

       Handmühle (Siegerin)
       Schabermühle (Rink)
       Musermax (MTD Products)
       Kernobst-Schneidmühle (Speidel)

Außer der Handmühle sind alle genannten Typen elektrisch betrieben.
Nach jahrelangen Erfahrungen können wir heute eindeutig die Kernobstschneidmühle von Speidel empfehlen, wenn es um die Verarbeitung einer größeren Apfelernte geht (einige Tonnen, Preis der Mühle ca. 700 €).
          

Pressen

Mühle und Presse gehen Hand in Hand. Eine gute Mühle kann die Saftausbeute beim Pressen deutlich erhöhen.

Unsere Erfahrungen mit Pressen stützen sich auf zwei unterschiedliche Systeme. In den Anfängen setzten wir ausschließlich die Spindel-Korbpresse ein, die von Hand betrieben wird. Diese Obstpresse (Format OP 20, d.h. 20 Liter-Volumen) benutzen wir immer noch, wenn wir Saft mit Kindern machen. Die Kinder im Apfelsaft-Projekt können selbst Hand anlegen und das Presswerk mit der Spindel betreiben. Mit größeren Apfelmengen ist der Betrieb dieser Handpresse richtige Arbeit. Sehr viel leichter macht es dann die Hydro-Presse, die wir heute verwenden.

Die Hydro-Presse wird mit dem Leitungsdruck der öffentlichen Wasserversorgung betrieben – abgesichert mit 3 bar. Das Leitungswasser dehnt die eingebaute Gummimembran nach außen und drückt die Maische gegen das zylindrische, perforierte, Korbgitter, an dessen Außenwand der Saft in den ringförmigen Sammler fällt. Mit einem darunter gestellten Eimer wird er aufgefangen und kann jetzt  durch ein Gittersieb direkt in den Pasteur geschüttet werden, wenn er erhitzt werden soll (s. unten).

Durch Öffnen und Schließen des Wasserhahns im Vorlauf der Hydro-Presse werden Pressdruck und  Pressdauer reguliert. Ein weiterer Hahn im Rücklauf entlastet die Presse. Das Rücklaufwasser kann zurückfließen in den Behälter für die Säuberung der  Äpfel – in unserem Fall also die Badewanne.
Damit schließt sich ein Kreislauf und der Wasserverbrauch bleibt sparsam. Alle Verbindungen werden  mit einfachen Gartenschläuchen und den gebräuchlichen Kupplungen hergestellt.

Die Hydro-Presse gibt es in den Größen von 20 Liter bis 180 Liter. Für uns reicht bisher immer noch das 20 Liter-Format, Hersteller Fa. Speidel. Der Preis dieser Presse ist übrigens der gleiche wie der der OP 20 (s. oben), ca. 550 €.
Mit der Kombination Kernobst-Schneidmühle und Hydro-Presse von Speidel erzielen wir eine Ausbeute von bis zu 70%, d.h. für eine 0,7 Liter-Flasche Saft benötigen wir 1 kg Äpfel.

Als Rückstand ist der feste Bestandteil des Apfels, der Trester, zu beseitigen, also 30% Gewichtsanteil.

Hauptergebnis des Pressens ist aber naturbelassener, 100%er Direktsaft – entweder sortenrein oder als Sortenmischung.

Das Gesamtsystem ermöglicht uns zu zweit eine Safternte von 200 Litern innerhalb von 
4 – 5 Stunden. Wenn wir davon 150 Liter pasteurisieren, verbleiben 50 Liter Frischsaft, der sich im Kühlschrank auch 2 bis 3 Wochen lang hält, in der Regel aber nach wenigen Tagen aufgebraucht ist, da von allen sehr begehrt.

Haltbarmachen

Der direkte Weg zur Haltbarkeit von Apfelsaft führt über die Erhitzung, das Pasteurisieren. Bei der Temperatur von 70 - 80°C werden die im Rohsaft vorhandenen Abbauprodukte (Keime und Enzyme) deaktiviert. Der Saft tritt dann in einen weiteren Reifeprozess ein und erreicht den höchsten Genusswert nach etwa einem Jahr. Der Saft wird im Laufe der Lagerung also noch voller und bekömmlicher.
In den Anfängen unserer Mosterei-Tätigkeit benutzten wir noch den im Haushalt gebräuchlichen emaillierten Universalkessel (27 Liter-Inhalt, 230 V, 1800 W mit Thermostat, Preis ca. 120 €). Wir betrieben davon 2 parallel, erhitzten also gleichzeitig 50 Liter. In Jahren mit guten Ernten war uns das zu wenig.

Inzwischen erhitzen wir in einem Behälter-Pasteur mit 150 Liter-Volumen (10 – 15 kW). Der Erhitzer ist wie ein Tauchsieder herausnehmbar, so dass der Behälter auch als Lagertank dient (Hersteller Fa.  Rink, Preis ca. 1500 €). Ein Abfüller mit Hahn im Bodenbereich des Behälters ermöglicht das Befüllen von Flaschen oder Bags (System „Bag in Box“).

Da das System „Bag in Box“ noch nicht sehr lange auf dem Most-Markt ist, haben wir jahrelang ausschließlich Flaschen befüllt, eine aufwendige Angelegenheit – müssen doch Flaschen und Deckel vor der Befüllung auch gründlich gesäubert und keimfrei sein. Sehr schnell erkannten wir, dass es sinnvoll ist, mit Standard-Formen für Flaschen und Deckel zu arbeiten. Zur Zeit haben wir nur noch Flaschen mit 43er-TO-Verschlüssen (twist-off) im Einsatz.

Der weitaus größte Teil der Apfelsaft-Ernte wird bei uns inzwischen in Bags gefüllt (System „Bag in Box“) mit der handlichen Größe 5 Liter. Gegenüber der Befüllung von Flaschen sehen wir im System „Bag in Box“ große Vorteile:           

      • Die Befüllung geht wesentlich schneller. Hatten wir mit den Flaschen stundenlang zu tun, ist die Bag-Füllung in Minuten-Frist geleistet.
      • Die Beschaffenheit des Materials der Bags unterstützt vorteilhaft das Apfelsaft-Aroma.
      • Wenn geöffnet, bleibt der Inhalt im Luft-Vakuum und damit viel länger haltbar.
      • Transport und Lagerung sind viel einfacher
      • Der Preis der Verpackung ist geringer (ca. 1€ für 5 Liter, Karton ist wieder verwendbar).

Reste-Verwertung

Ergebnis des Pressens ist nicht nur der Apfelsaft, sondern auch der feste Rückstand des Apfels, der Trester (Gewichtsanteil 30%, s. oben). Er wird im Presssack aus der Presse gezogen und direkt in eine Schubkarre gekippt. Der Ausschuss beim Säubern sollte extra entsorgt werden. Der Trester ist kein Schadstoff, sondern kann u.a. als wertvoller Gartendünger eingesetzt werden. Wir bedecken unsere Hochbeete, Himbeerbeete und andere direkt damit. Der Trester wirkt hier wie eine Regenwurmzucht. Ein hervorragendes Ergebnis erzielten wir auch in der Mischung mit Pferdemist und Pferdemistkompost. Dieser Dünger ist bei allen unseren Nachbar-Gärtnern sehr begehrt.

 Quellen-Verzeichnis

  1. Hersteller von Mühle und Presse: Fa. SPEIDEL
    www.speidel-behaelter.de
      2.   Quelle für Pasteur, „Bag in Box“, Befüllung: Fa. Rink
            www.rink-gmbh.de

      3.   Mosterei-Zubehör allgemein: Wilfried Marquardt
            www.hobbymosterei.de